Third Culture

„Third Culture“ ist ein Begriff, den John und Ruth Hill in den 1950er Jahren geprägt haben. Sie beobachteten, dass Auswanderer*innen weder die Kultur des Gastlandes annehmen noch die eigene Kultur im Gastland vollends leben, sondern eine Kultur, die zwischen diese beiden angesiedelt ist, formen. Die Charakteristiken dieser „dritten Kultur“ ähneln sich, unabhängig vom Gastland und Heimatland.

Die Motivation hinter der Mobilität eines/er Migranten*in geht in der Regel auf folgende positive Einflussfaktoren zurück: Verbesserung der Lebenssituation, materielle Sicherheit, Erwerb von Kompetenzen und die Perspektive einer Verbesserung des Lebensstandards bei Rückkehr (Gren, 2019, p. 51).

Der Unterschied zwischen Auslandsentsandten, Migranten*innen und Geflüchteten ist die Erwartung bei Auslandsentsandten, dass sie nach einer bestimmten Zeitdauer, die vertraglich durch den Dienstgeber festgelegt ist, in ihr Heimatland zurückkehren. Sie leben in einer relativ privilegierten Position im Gastland mit einer hohen System-Identifikation.

Die Folgen der System-Identifikation und der Entgrenzung zwischen Arbeitszeit und Ort bedeutet, dass das Verhalten der einzelnen Familienmitglieder oder des Arbeitnehmers sich gegebenenfalls positiv oder negativ auf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers auswirken kann. Die Familie repräsentiert nicht nur das Familiensystem, sondern auch die Werte und Standards des Dienstgebers, sei es z.B. eine Firma oder ein Land. Die Entgrenzung der Arbeit im Ausland wirkt sich somit auf die mitreisende Familie als Herausforderung aus.

Die menschliche Identität ist durch das kulturelle Umfeld, in der eine Person aufwächst, geprägt. Kultur wird von Robert Kohls (2001) definiert als: „…integrated system of learned behaviour patterns that are characteristic of the members of any given society. Culture refers to the total way of life of particular groups of people. It includes everything that a group of people thinks, says, does, and makes—its systems of attitudes and feelings. Culture is learned and transmitted from generation to generation“(Kohls, 2001, p. 25). Kohls zieht die Metapher des Eisbergs (vgl. Abbildung 1 Kultureller Eisberg nach Robert Kohls) heran und argumentiert, dass Kultur aus sichtbaren und unsichtbaren Komponenten eines Ganzen besteht.

Identität wird heute als fortwährende Entwicklung verstanden, die von der postmodernen Gesellschaft von dem Individuum eingefordert wird. Eine Anpassung des Inneren und Äußeren gilt als Bringschuld des Einzelnen und beruht auf Leistung, Eigeninitiative und Eigenantrieb.

Der Zusammenhalt einer Gesellschaft besteht darin, dass die Individuen sich des kulturellen Eisbergs bewusst sind und die darin vorherrschenden Normen und Werte verstehen und danach handeln.

Abbildung 1 Kultureller Eisberg nach Robert Kohls

In populärwissenschaftlichen Schriften wird zwischen Ethnozentrismus und Polyzentrismus unterschieden, indem man dem Ethnozentrismus unterstellt, negativ wertend gegenüber anderen Kulturen zu sein, im Vergleich zum Polyzentrismus . In wissenschaftlichen Artikeln der Interkulturellen Kommunikation wird es differenzierter betrachtet, da der Bewertungsanteil nicht als negativ verstanden wird. Geht man davon aus, dass der Mensch als soziales Wesen in einem Kultursystem aufwächst, nimmt dieses holistische System gesamt auf sein Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen Einfluss. Die Wahrnehmung des Menschen ist durch seine/ihre kulturelle Prägung definiert. Aus dieser ethnozentristischen Grundhaltung wird das Verhalten und Handeln des anderen bewertet, weiters gilt die Annahme, dass das Gegenüber ähnlich fühlt und denkt. Nur durch das Verständnis der tiefer liegenden versteckten kulturellen Differenzen lässt sich eine interkulturelle Kommunikation entwickeln .

Die ethnozentristische Sichtweise kann in der Kommunikation im Ausland und mit Menschen, die kulturell anders geprägt sind, zu Missverständnissen führen, die zu belastenden Ereignissen werden können. Im Stressmodell von Richard Lazarus und Sarah Folkman wird Stress als Prozess definiert, der durch das spezifische Zusammenspiel zwischen einer Person und ihrer Umwelt entsteht .

Gerade eine Loslösung vom familiär- und kulturell geprägtem Umfeld und ökologischen strukturellen Verbindungen und Veränderungen kann zum Verlust von emotionaler Sicherheit und existenziellem Schutz führen.